Möglicherweise früher, jedoch nicht genauer zu datieren sind P.Petr. III 100 B I 7 (3 . Jh. v. Chr.; Arsinoites); PSI IV 399, [4] (3. Jh. v. Chr.; Philadelphia / Arsinoites); P.Col. IV 103, 5 (Mitte 3. Jh. v. Chr.; Philadelphia / Arsinoites); BGU VI 1257, 4 (270-258 v. Chr.; Oxyrhynchos).
Erläuterungen
Wie F. Reiter a. a. O., 59 konkludiert, überwiegen die Unterschiede im Wesen einerseits des ptolemäischen und andererseits des römischen arsinoitischen (!) νομάρχης; diese Unterschiedlichkeit soll hier in zwei getrennten Bedeutungsabschnitten (I. und II.) repräsentiert werden, deren erster sich mit dem ptolemäischen, der zweite mit dem römischen νομάρχης befasst. Weiterhin behandelt ein dritter Abschnitt den in römischer Zeit außerhalb des Arsinoites attestierten νομάρχης.
Die ptolemäischen Nomarchen hatten zu Beginn des 3. Jh. v. Chr. noch eine bedeutende Rolle in der Verwaltung des Königreichs; so waren sie zuständig insbesondere für landwirtschaftliche Aufgaben (z. B. Verpachtung von königlichem Ackerland, Verteilung von Saatgut unter den königlichen Bauern und Kleruchen, Ernteschätzung, Instandhaltung der Bewässerungssysteme), aber in gewisser Weise auch für die Eintreibung von Steuern und für die Rechtssprechung in öffentlichen Fällen, vgl. Reiter 58, Huß, Verwaltung 52.
Ab der Mitte des 3. Jh. v. Chr. verloren die Nomarchen diese Bedeutung jedoch zugunsten von τοπάρχαι und στρατηγοί; seinen "selbständigen Charakter" (Reiter) hatte das Nomarchenressort im 1. Jh. v. Chr. offensichtlich verloren, vgl. Reiter 59, Huß, Verwaltung 54-55.
P.Sorb. III, S. 53-55. Huß, W., Die Verwaltung des ptolemaiischen Reichs, München 2011, 51-55 (mit weiteren Literaturangaben in Anm. 215, S. 51). Mueller, K., Redistricting the Ptolemaic Fayum, Egypt. From Nomarchies and Toparchies to Weighted Voronoi tessellation, APF 51/1, 2005, 112-126. Huß, W., Ägypten in hellenistischer Zeit, 332-30 v. Chr., München 2001, 72-73. Reiter, F., Die Nomarchen des Arsinoites. Ein Beitrag zum Steuerwesen im römischen Ägypten, Paderborn 2004, 57-59 (mit weiteren Literaturangaben in Anm. 2, S. 57). Ziebarth, E., Νομάρχης, in: RE XVII/1, 1936, 815. O.Joach. S. 40-43.
Als möglichen früheren Beleg vgl. P.Ryl. IV 601 v1 (01.08. 26 v. Chr.; Karanis / Arsinoites) mit der Diskussion bei F. Reiter a. a. O., 59-60; beachte noch P.Wash.Univ. I 50, 29 (Ende 1. Jh. v. Chr.; Herkunft unbekannt).
Weitere späte Belege sind darüber hinaus O.Oslo II 62, 12 (?) (1. Hälfte 4. Jh. n. Chr.; Herlunft unbekannt) und BGU VII 1702, 6 (287-288 n. Chr.; Philadelphia / Arsinoites).
In römischer Zeit ist der νομάρχης vor allem für den Arsinoites bezeugt, die überschaubaren übrigen Belege stammen insbesondere aus Antinoopolis (vgl. unten, Bedeutung III.).
Der arsinoitische Nomarch – oder wie P.Louvre II 113, 1-2 zeigt: die arsinoitische Nomarchin – war bis 215/6 n. Chr. ein Unternehmer bzw. eine Unternehmerin, vgl. Reiter a. a. O., 70-86. In dieser Rolle pachteten sie vom Staat die Einhebung der sogenannten "nomarchischen" Steuern und weiterer staatlicher Einkünfte (z. B. Zölle), vgl. dazu ausführlich Reiter 92-299.
Nach 215/6 n. Chr., vermutlich aufgrund der steuerlichen Vergehen des Nomarchen Apion, wurde die Nomarchentätigkeit in ein liturgisches Amt umgewandelt und von Mitgliedern des Rates von Ptolemais Euergetis, der Metropole des Arsinoites, besetzt, vgl. Reiter 87-91. Dies findet sich dann auch in der Anrede der gewählten Liturgen wieder, als die mehrfach der Ausdruck οἱ αἱρεθέντες εἰς τὸ προστῆναι τῶν τῇ ν̣ομαρχίᾳ (od. τῆς νομαρχίας) διαφερόντων (πρεσβύτεροι) figuriert, vgl. nFWB s. v.νομαρχία, ἡ unter "Formeln" für Belegstellen und siehe dazu Reiter 65, 87. In dieser Stellung fiel nur noch ein Teil der nomarchischen Steuern in den Verantwortungsbereich des Nomarchen; mit einigen davon war nun der Meridarch (vgl. nFWB s. v.μεριδάρχης, ὁ betraut, dessen Amt ebenfalls liturgisch war.
BGU XX 2869, Einl. S. 184-187. Reiter, F., Die Nomarchen des Arsinoites. Ein Beitrag zum Steuerwesen im römischen Ägypten, Paderborn 2004. Messeri, G., Pintaudi, R., Apion, nomarca dell'Arsinoites, ZPE 120, 1998, 131-144 (Link zum Beitrag).
Nomarch, römischer Gauverwaltungsbeamter
Englisch
nomarch, roman official of the administration of a nome
Französisch
nomarque, fonctionnaire romain de l'administration d'un nome
Italienisch
nomarca, funzionario romano dell'amministrazione di un nòmo
Spanisch
nomarca, funcionario romano della administración de un nomo
Sachgruppe
Rechtssetzung, Rechtspflege, Verwaltung, Allgemeine Verwaltung, Archiv- und Registerwesen, Geburts- und Todesanzeigen, Epikriseis, Sonstiges zu Allgemeine Verwaltung, Amtsinhaber, Öffentliche Arbeiten, Sonstiges zu Öffentliche Arbeiten
Dieser nicht-arsinoitische Verwaltungsbeamte der römischen Zeit ist bislang (Stand: 01.08. 2018) durch 15 Urkunden für Antinoopolis, einmal für Naukratis (vgl. P.Oslo III 92, 2 mit F. Reiter a. a. O.) sowie einmal ohne ein Attribut, das eine geographische Zuordnung ermöglichte (SB XVI 12809, 6) bezeugt.
Über Stellung und Aufgabenbereich dieser Nomarchen ist noch wenig bekannt; für den Antinoites und für Naukratis wird ihre Befugnis als derjenigen der στρατηγοί nahestehend beschrieben und betrifft im Einzelnen u. a. das Meldewesen, vgl. A. K. Bowman und J. D. Thomas sowie A. Jördens je a. a. O.
Der Verweis auf das sowohl in ptolemäischer Zeit (vgl. Bedeutung I.) als auch in römischer Zeit vorzufindende Nebeneinander von Stratege und Nomarch wirft die Frage auf, ob die spätere Nomarchentätigkeit in Antinoopolis und Naukratis – anders als die arsinoitische (vgl. Bedeutung II.) – bestimmte Kontinuitäten zur früheren aufweist. Darüber wird jedoch, solange, bis neue Quellen vorgelegt werden, nur spekuliert werden können.
Reiter, F., Die Nomarchen des Arsinoites. Ein Beitrag zum Steuerwesen im römischen Ägypten, Paderborn 2004, 53 (mit weiteren Literaturangaben in Anm. 2). Jördens, A., Das Verhältnis der römischen Amtsträger in Ägypten zu den Städten in der Provinz, in: Eck, W. (Hg.), Lokale Autonomie und römische Ordnungsmacht in den kaiserzeitlichen Provinzen vom 1. bis 3. Jahrhundert, Oldenburg 1999, 141-180, hier: 162-163. Lewis, N., The Compulsory Public Services of Roman Egypt (Second Edition), Firenze 1997, 37. Bowman, A. K. / Thomas, J. D., Some additional Greek papyri in the John Rylands University Library, Bulletin of the John Rylands Library 61/2, 1979, 290-313, hier: 301-302 (mit weiteren Literaturangaben). P.Fam.Tebt. 33, Komm. zu Z. 1, S. 128.
1. höherer Gaubeamter für Landwirtschaft, Domänen, Steuern (ptol.); in röm. Zeit nur Steuerbeamter. - Preisigke, Prinz-Joachim-Ostr. 40; 47; Girowesen 257. G.-H., Teb. II S. 352. WGrdz. 10; 38. Jouguet, Vie municip. 52. WOstr. I 597. H. Maspero, Finances 185. - 2. städt. Beamter in Antinoopolis. - Jouguet, Vie municip. 477. WChrest. S. V (der von Jouguet u. Wilcken aaO. erwähnte unveröff. Papyrus = Preisigke, SB. 5762). (Preisigke, Fachwörter, S. 129)