O.Sarga 124, 5 (6. bis 8. Jh. n. Chr.; Wadi Sarga / Antaiopolites)
Weitere Belege:
Früher ist möglicherweise BGU VI 1443, 3 (3.-2. Jh. v. Chr.; Omboi / Ombites). Als später Beleg genauer datiert kann SB XIV 11717, 28-29 (Mitte 4. Jh. n. Chr.; Hermopolis) angegeben werden.
Formeln
ptolemäisch: z. B. εἰσμεμέτρηκεν εἰς τὴν ἐπιγραφὴν (O.Theb.Taxes II 102, 1-2; O.Wilck. 1253, 1-2). römisch: Bebaios-Klausel (s. u. "Erläuterungen"): βεβαιόσομεν πάσῃ βεβαιόσι ἀπὸ μὲν δημοσίων καὶ ἐπιγραφῶν καὶ ἀρταβίης καὶ ναυβίων καὶ ἀριθμητικῶν καὶ τῶν ἄλλων πάντων (P.Mich. V 252dupl., 6-8). καθαρὰς ἀπό τε οὐσιακῆς καὶ βασιλικῆς γῆς καὶ πά[σης ἐπιγρ]αφῆς παντ[ὸς] εἴδους (Stud.Pal. XX 47, 16-17).
Erläuterungen
Bedeutung und Gebrauch des Wortes wandeln sich mit der Zeit:
In ptolemäischer Zeit bezeichnet ἐπιγραφή vermutlich eine Steuer für die Erträge von Privatland (Vandorpe 2000, 171: "harvest tax", gegenüber "land tax", die unabhängig davon, ob das Land bebaut wird oder nicht, erhoben wird); dabei sind jedoch regionale Unterschiede zu beobachten (vgl. ebd., 171-175; 191-198): Aus Vandorpes Beitrag geht hervor, dass a) ἐπιγραφή i. S. v. 'Ertragssteuer' sowohl in der Thebais als auch in Mittelägypten (einschl. Fayum) sich auf Weinanbauflächen und Gärten bezog, sowie b) ἐπιγραφή nur in der Thebais i. S. v. 'Ertragssteuer' gebraucht wurde, es in Mittelägypten (einschl. Fayum) jedoch nur in Ausnahmefällen – bei konfisziertem Land – in dieser Bedeutung belegt ist (vgl. ebd.199). Für eine Diskussion zu den bisherigen Deutungen von ἐπιγραφή in ptolemäischer Zeit siehe ebd. 178-180, 182-185.
Zu den attestierten Formeln vgl. unter "Formeln" und siehe Vandorpe 2000, 180-182: Bisweilen fehlt die Bezeichnung ἐπιγραφή in der Formulierung, so dass lediglich εἰς τὸ X ἔτος zu lesen ist. Dennoch handelt es sich dabei um die "harvest tax". In römischer Zeit begegnet das Wort in zwei verschiedenen Zusammenhängen:
a) im Sinne einer Steuer oft in Quittungen oder Aufstellungen über Land und Getriede (vgl. z. B. P.Oxy. XII 1445, 8; P.Mil.Vogl. VI 298, 8, 9, 11; Stud.Pal. XVII pg. 13, 216, 272, 335): "ἐπιγραφή in papyri of the Roman period is used in the wide sense of 'assessment' in connexion with many kinds of taxes upon land. (…) the word applies primarily to the arurae, not to the artabae." (P.Oxy. XII 1445, Komm. zu Z. 8, S. 124).
b) in Verträgen (meist über Verkauf oder Abtretung von Land) als Bestandteil der Bebaios-Klausel (s. u. "Formeln"). So sicherten sich Käufer, bzw. Empfänger gegen u. a. steuerliche Belastungen ab, die aus der Zeit vor dem Vertragsschluss möglicherweise noch auf dem Land ruhten.
Überdies bezeichnet ἐπιγραφή in zwei Eingaben aus römischer Zeit (P.Petaus 24, 27 und SB XVIII 13747, 18) Land, das zu vermessen ist, damit die Steuern ordnungsgemäß bezahlt werden können. ἐπιγραφή figuriert hier also metonymisch für die Grundsteuern.
Zu ἐπιγραφή in byzantinischer Zeit siehe unten, Bedeutung III.
ptolemäisch:
Vandorpe, K., The epigraphe or harvest tax in the Apollonopolite nome, in: Vandorpe, K. / Clarysse, W. (Hgg.), Edfu, an Egyptian Provincial Capital in the Ptolemaic Period. Brussels, 3 September 2001 (= Koninklijke Vlaamse Academie van België voor Wetenschappen en Kunsten. Vlaamse Kennis- en Cultuurforum), Brussel 2003, 107-122. Vandorpe, K., The Ptolemaic epigraphe or harvest tax (shemu), APF 46, 2000, 169–232. Huß, W., Die Verwaltung des ptolemaiischen Reichs, München 2011, 198-199. Kaplony-Heckel, U. / Kramer, B., Ein griechisch-demotisches Holztäfelchen mit Sitologenquittung und Privatabrechnung für Epigraphe aus Krokodilopolis, ZPE 61, 1985, 43-57, hier: 44-47. P.Tebt. I 5, Komm. zu Z. 59, S. 38-40. Casa, G., Frazioni dall'epigraphe. Note preliminari ad alcuni ostraca del II sec. a.e.v. dal nomos Perithebas, AnalPap 18-20, 2006-2008, 155-174. Wilcken, U., Griechische Ostraka aus Aegypten und Nubien, Leipzig und Berlin 1899, Bd. I, 194-8. Weitere ältere Literatur bietet Preisigke, Fachwörter s. v. (siehe unten). römisch:
P.Thmouis 1, Einleitung, S. 19-20. P.Oxy. XII 1445, Komm. zu Z. 8, S. 124.
unautorisierter Nachtrag (in einer Urkunde), Modfikation
Englisch
unauthorized addition (in a document), modification
Französisch
avenant au contrat non autorisé
Italienisch
aggiunta o modifica non autorizzata di un contratto
Spanisch
adición o modificación de un contrato non autorizada
Sachgruppe
Rechtsbeziehungen zwischen Privatpersonen, Kauf, Allgemeine Verwaltung, Archiv- und Registerwesen
In dieser Bedeutung findet sich ἐπιγραφή in Vertragszusätzen, die bekräftigen, dass die Urkunde bei Abschluss keine weiteren Streichungen (χαράξεις), Auswischungen (ἀλειφάδες) oder Zusätze (ἐπιγραφαί) hatte, vgl. u. "Formeln".
In byzantinischer Zeit bezeichnet ἐπιγραφή eine jährliche Steuerfestsetzung und betrifft oder umfasst einen 5-Jahres-Zyklus. Diese Zählung setzte im Jahr 287 ein und währte drei Zyklen, bis ins Jahr 302. Daraufhin wurden die Steuerzyklen mit dem Wort ἰνδικτίων bezeichnet, welche nun 15 Jahre umfassten.
Die Angabe "4. ἐπιγραφή" bezieht sich auf das 4. Jahr eines solchen Zyklus; dementsprechend referiert (τετάρτης) ἐπιγρ(αφῆς) in P.Cair.Isid. 37, 7 (s. unter "Formeln") in Zusammenhang mit der Datumsangabe August 295 n. Chr. auf das Steuerjahr 295 als 4. Jahr des 2. ἐπιγραφή-Zyklus. Diese Angaben dienten jedoch lediglich der steuerlichen Verwaltung und wurden nicht als chronologische Angaben aufgefasst: "the term refers to the fiscal act of declaring the tax levy for the current year. These terms are never used for dating, but only to qualify tax payments, to indicate for which assessment they were made" (R. Bagnall und K. A. Worp a. a. O., 2).
Thomas, J. D., Epigraphai and Indictions in the Reign of Diokletian, BASP 15, 1978, 133-145 (Link zum Beitrag). Bagnall, R. / Worp, K. A., The chronological systems of Byzantine Egypt, Zutphen 1978, 1-2.
(vgl. ἐπιγράφω) 1. Darüberschreiben (in einem Schriftstücke nachträglich über der Zeile Worte nachtragen). Lond. II S. 207 Nr. 178, 13 [145 n.]: τὸ δὲ χειρόγραφον καθαρὸν ἀπὸ -φῆς καὶ ἀλίφαδος κύριον ἔστω, der Handschuldschein, frei von darübergeschriebenen und abgewaschenen Wörtern, soll vollgültig sein. - WArch. I 125. WGrdz. XXXIII. - 2. Zuschlag, d. i. Auferlegung (Zuschreibung) einer besonderen Abgabe oder Leistung als Zuschlag zur gewöhnlichen. - G.-H., Teb. I 5, 59 Anm. S. 40. Zucker, Sitzb. Berlin 1911, 805. Milne, Theban Ostr. S. 78. Otto, Priester II 572. WOstr. I 195. WGrdz. 171; 188. Preisigke, Girowesen 1473 (Steuerzuschlag). Rostowzew, Kolonat 56 (Beackerungszuschlag). P. M. Meyer, Giss. I 60 Einl. S. 31. (Preisigke, Fachwörter, S. 83)