ῥυπαρός, -ά, -όν figuriert vor allem in (Steuer-)Quittungen und bezieht sich zunächst auf Getreide und andere Naturalien ('vermischt' mit anderen Getreidearten oder 'unrein' i. S. v. 'nicht gesiebt', mit Erdresten o. Ä., vgl. unter "Formeln").
Weiterhin kann die Unterscheidung zwischen καθαρός und ῥυπαρός bei Naturalienzahlungen auch im Sinne einer Netto- und Bruttozahlung verstanden werden (vgl. dazu auch unten, II. und III.); demzufolge ist letztere Summe größer, da sie noch weitere Kosten enthält, vgl. dazu P.Köln IX (vgl. unten, "Literatur"), P.Bagnall 54, Komm. zu. Z. 4, S. 308 oder P.Sorb. II, Komm. zu 93 B, Z. 1-8, S. 245.
Allerdings scheint noch keine weitergehende Untersuchung vorzuliegen, die die verschiedenen Arten von Zahlungen in Naturalien auf diese Annahme hin prüft. Die Überlegung Jean Gascous in P.Sorb. II kann hier möglicherweise einen Anhaltspunkt geben, der zufolge die Finanzverwaltung im römisch-byzantinischen Ägypten keine Steuerzahlungen in ungereinigten Getriedemengen akzeptiert habe und es sich beim Zusatz ῥυπαρός daher vermutlich um eine andere Bestimmung handeln müsse.
Stud.Pal. III2 Einleitung S. XXXIII-XXXIV. P.Köln IX 373, Komm. zu Z. 8-9, S. 127 (zu σῖτος ῥυπαρός). P.Harrauer 60, S. 238. Mayerson, P., A Clarification of φοῖνιξ μονόξυλος and φοῖνιξ καθαρός / ῥυπαρός, BASP 38, 2001, 103-107. Gara, A., Prosdiagraphomena e circolazione monetaria, Milano 1976, 37.
Möglicherweise früher ist O.Leid. 85, 2 (1. Jh. n. Chr.; Theben). Vgl. schließlich noch ῥυπαρόν ἀργύριον in P.Tebt. II 519 (Neudruck in BASP 50, S. 40-45 (nach 19.09. 11 n. Chr.; Tebtynis / Arsinoites), vgl. dazu unten, "Erläuterungen".
Vor allem für die römische Zeit sind unzählige (ca. 750) Urkunden belegt, die den Ausdruck ῥυπαρά δραχμή (und weitere Verbindungen mit Münzbezeichnungen) überliefern. In diesen Fällen zeigt ῥυπαρός an, dass der Betrag im Sinne von 'brutto' weitere Zuschläge (προδιαγραφόμενα) enthält, vgl. z. B. Shelton, J. in ZPE 80: "any extra charges included in the stated sum". Ähnliches hatte Klaus Maresch zunächst für die νόμισματα ῥυπαρά in byzantinischer Zeit beobachtet (siehe dazu unten, III.) und kam später zu der Auffassung, dass es sich auch für die entsprechenden Angaben in römischer Zeit so verhalte, vgl. Maresch, Silber und Bronze, 120-127.
Nicht ganz klar scheint m. E. die Frage, ob der Ausdruck ῥυπαροῦ ἀργυρίου δραχμή eine 'Brutto-Silberdrachme' (vgl. BASP 50, S. 42, Komm. zu Z. 4; O.Petr.Mus. 280, S. 369; ZPE 137, 201) bezeichnet oder im Sinne einer 'Drachme unreinen Silbers', also einer minderwertigen Silberdrachme zu verstehen ist (vgl. BASP 19, S. 54; P.Mert. II 64, S. 47), da ῥυπαρός sich hier wohl auf ἀργύριον bezieht, vgl. BASP 50, S. 42, Komm. zu Z. 4.
Maresch, K., Bronze und Silber: papyrologische Beiträge zur Geschichte der Währung im ptolemäischen und römischen Ägypten bis zum 2. Jahrhundert n. Chr., Opladen 1996, 120-127. Shelton, J., Ostraca from the Elephantine in the Fitzwilliam Museum, ZPE 80, 1990, Komm. zu 2, Z. 4, S. 222. P.Cair.Mich. II S. 25ff. Gara, A., Prosdiagraphomena e circolazione monetaria, Milano 1976, 38-42.
III.
(sc. νόμισμα, νομισμάτιον): ein vollwertiger solidus
Englisch
(sc. νόμισμα, νομισμάτιον): a fully valid solidus
Französisch
(sc. νόμισμα, νομισμάτιον): un solidus pleinemente valable
Italienisch
(sc. νόμισμα, νομισμάτιον): un solidus di pieno valore
Spanisch
(sc. νόμισμα, νομισμάτιον): un solidus plenamente válido
Sachgruppe
Rechtsbeziehungen zwischen Privatpersonen, Miete, Pacht, Allgemeine Verwaltung, Steuerwesen, Steuer- und Zollquittungen
Möglicherweise früher, jedoch nicht genauer zu datieren ist SB I 4921, 3 (4. Jh. bis 7. Jh. n. Chr.; Arsinoites); vgl. als möglichen späteren Beleg noch Stud.Pal. X 197, 1 (26.05. 720 n. Chr.; Herakleopolites).
ῥυπαρός und καθαρός sind "Ausdrücke der Buchhaltung, durch bezeichnet wird, auf welche Weise in einer Summer die προδιαγραφόμενα berücksichtigt sind." (K. Maresch, Bronze und Silber, 122)
Das νόμισμα ῥυπαρόν bezeichnet einen "vollwertigen Solidus, der das vorgeschriebene Gewicht von vier γράμματα Gold hatte und den korrekten Feingehalt aufwies." (ebd., 125)
P.Harrauer 60, S. 238. Maresch, K., Bronze und Silber: papyrologische Beiträge zur Geschichte der Währung im ptolemäischen und römischen Ägypten bis zum 2. Jahrhundert n. Chr., Opladen 1996, 125. Maresch, K., Nomisma und Nomismatia. Beiträge zur Geldgeschichte Ägyptens im 6. Jahrhundert n. Chr., Opladen 1994, 26-28.