P.Diog. 40, 9 (27.11. 216 n. Chr.; Tanis / Arsinoites)
Weitere Belege:
Möglicherweise früher, jedoch nicht genauer zu datieren ist BGU XVI 2652, 4 (ca. 10-2 v. Chr.; Herakleopolites). Beachte schließlich BGU XVI 2613, 5 (27.01. oder 26.07. 14 v. Chr.; Herakleopolites) als möglichen frühesten Beleg, jedoch ist nicht mit Gewissheit zu sagen, welche Bedeutung ἀριθμητικόν hier hat, da diesbezüglich sowohl eine Spezifizierung als auch Kontext fehlt, vgl. auch den Komm. ad loc., S. 102.
Das ἀριθμητικόν "wurde von den Inhabern von Katökenland alle vier Jahre pro Kopf erhoben" (vgl. B.Kramer in P.Hamb. III a. a. O.); C. Gallazi, der sich zuletzt ausführlich mit dieser Steuer beschäftigt hat, vermutet, sie habe dazu gedient, die Kosten zu decken, die im Zusammenhang mit der Erfassung von κατοικικὴ γῆ in den Katasterunterlagen, der Registrierung von Veränderungen der Besitzverhältnisse z. B. durch Verkauf oder Abtretung sowie der Aktualisierung des Katasters entstehen, vgl. P.Coles a. a. O., 72. Weiteres über das Wesen des ἀριθμητικὸν κατοίκων sei noch nicht mit Gewissheit zu sagen, vgl. ebd: "Però non è possibile dire se il gettito del tributo fosse destinato interamente a finanziare le operazioni ora indicate o se fosse considerato, almeno in parte, una generica entrata dello stato senza una finalità specifica; né è dato di sapere se il tributo abbia mantenuto sempre quello scopo per il quale sembra essere stato introdotto." Für eine Zusammenfassung der in der Forschung vorangegangenen Charakterisierungen des ἀριθμητικόν (κατοίκων), vgl. ebd., 71-72.
Die Höhe der Steuer betrug in der Regel 16 Drachmen 1 ½ Obolen; weiterhin wurden zusätzliche Gebühren wie προσδιαγραφόμενα oder συμβολικόν berechnet, vgl. dazu Daniel/Sijpesteijn, a. a. O. 49-51.
Oft wird das ἀριθμητικόν, wie bereits deutlich wurde, durch den Zusatz κατοίκων spezifiziert; dabei lässt sich beobachten, dass diese Spezifizierung im Zusammenhang mit der Art der Urkunde steht, in der ἀριθμητικόν figuriert. So wird es in Dokumenten des Steuerwesens wie Quittungen oder Steuerlisten in der Regel mit dem (genauen) Titel ἀριθμητικὸν κατοίκων bezeichnet (vgl. Daniel/Sijpesteijn a. a. O., 47, Anm. 1), während in privaten Urkunden – zumeist Kauf-, Abtretungs- oder Pachtverträgen bezüglich Katökenland – oft von ἀριθμητικόν allein die Rede ist. Darin zeigen sich nicht nur verschiedene Perspektiven auf dieselben oder miteinander in Zusammenhang stehenden Vorgänge, auch spiegelt sich auf diese Weise offenbar sowohl der offizielle als auch ein zwar formalisierter aber weniger technischer sprachlicher Umgang in den überlieferten Texten wider.
Zu dem oben als frühesten Beleg angeführten O.Ashm. 24, 3 vgl. Wallace a. a. O., 176-177; zu den Formulierungen τέλειον und ἡμιτέλειον ἀριθμητικόν (vgl. unter "Formeln") vgl. ebd., 177-179.
P.Coles 16, Einl. S. 71-74 (mit weiteren Literaturangaben). P.Stras. X, S. 124-127. BGU XVI 2613, Komm. zu Z. 5, S. 102. P.Diog. 26, Komm. zu Z. 3, S. 164 und 40, Einl. S. 198. Daniel, R. W., Sijpesteijn, P. J., Some Notes on ΑΡΙΘΜΗΤΙΚΟΝ ΚΑΤΟΙΚΩΝ, ZPE 59, 1985, 47-59. P.Hamb. III 209, Einl. S. 77 (mit weiteren Literaturangaben). P.Berl.Leihg. II 35, Komm. zu Z. 4, S. 63-64. Wallace, S. L., Taxation in Egypt from Augustus to Diocletian, Princeton, N. J. 1938, 176-180. Wilcken, U., Griechische Ostraka aus Aegypten und Nubien, Leipzig und Berlin 1899, Bd. I, 351.
Abgabe oder Gebühr für die Viehzählung
Englisch
impost or charge for the counting of cattle
Französisch
redevance ou tarif pour recenser le bétail
Italienisch
contributo o spese per contare le bestie
Spanisch
contribución o tasa para contare los ganados
Sachgruppe
Rechtssetzung, Rechtspflege, Verwaltung, Kassen-, Bank- und Geldwesen, Steuerwesen, Steuer- und Zollquittungen, Sonstiges zu Steuerwesen, Landwirtschaft
Der bislang (Stand: 22.08. 2018) einzige weitere Beleg ist P.Coll. I 18, 5, 13 (05.07. 7 v. Chr.; Kerkeosiris / Arsinoites).
Erläuterungen
Vermutlich wurde das ἀριθμητικόν, das nicht im Kontext von Angelegenheiten steht, die Katökenland betreffen (vgl. Bedeutung I.), sondern im Zusammenhang mit der Tierhaltung erscheint, erhoben, um die Kosten für die Viehzählung zu bestreiten, vgl. U. und D. Hagedorn in P.Coll.Youtie a. a. O. sowie S. L. Wallace a. a. O., 86-88.
Das in P.Freib. IV 59 II 3 (vgl. unter "spätester Beleg") erwähnte ἀριθμητικόν steht zwar, anders als die beiden weiteren Belege, nicht in Verbindung mit dem ἐννόμιον ('Weidesteuer'), jedoch ist auch in diesem Text die Rede von Vieh, vgl. πρόβατα in Z. 6 und 9. Dies gestattet zumindest die Vermutung, dass auch dieses ἀριθμητικόν im Sinne der Viehzählgebühr verstanden werden kann.
Bislang bezeugt vermutlich kein weiterer papyrologischer Text das mehrfach in P.Ryl. II 213 erwähnte ἀριθμητικὸν φυλακ(ιτῶν) bzw. φυλ(ακιτῶν), beachte hierzu jedoch P.Thmouis 1, eine Urkunde, die wie P.Ryl. II 213 ebenso aus Thmouis im Mendesios stammt und die zum Teil hohe Ähnlichkeiten in der Struktur der Auflistung von Steuerzahlungen aufweist. Hingewiesen sei im Besonderen auf Kol. LXXXI 14, wo α δ´ φυλ(ακιτῶν) π[ -11-12- ] ̣υ̣ zu lesen ist.
Zwar lässt sich eine Beziehung zum ἀριθμητικὸν κατοίκων (vgl. oben, Bedeutung I.) herstellen, jedoch sei diese unsicher, vgl. S. L. Wallace a. a. O.: "Its occurrence sheds no light on the problems of the nature and purpose of the ἀριθμητικὸν κατοίκων, although they may have been practically the same; but the holders of land once assigned to φυλακῖται paid a fee so small that it is difficult to compare the two taxes." Jedoch bestätige diese Steuer oder Gebühr Annahmen, denen zufolge das ἀριθμητικόν ptolemäischen Ursprungs sei, da sowohl κάτοικοι als auch φυλακῖται in ptolemäischer Zeit von politischer Bedeutung gewesen seien, vgl. ebd.
Während die Herausgeber von P.Ryl. II 213 zwar auf die Bestimmung des ἀριθμητικὸν φυλακιτῶν nicht eingehen, so erkennen sie dafür eine Sonderstellung im Vergleich zu den anderen in der Steuerliste verzeichneten Steuern, vgl. a. a. O. Diese zeige sich daran, dass das ἀριθμητικὸν φυλακιτῶν stets "abseits (aloof)" stehe, d. h. nicht zusammen mit den Steuern, die von den πράκτορες ἀργυρικῶν erhoben werden. Folglich sei seine Erhebung anders organisiert worden; die Gründe dafür liegen jedoch im Dunkeln. Andererseits, so räumen die Herausgeber noch ein, sei das ἀριθμητικὸν φυλακιτῶν im Hinblick auf seine Höhe vergleichsweise bedeutungslos gewesen.