Möglicherweise früher, jedoch nicht genauer zu datieren ist P.Cair.Zen. IV 59638, 13 (Mitte 3. Jh. v. Chr.; Herkunft unbekannt).
Die neben P.Köln. II 112 chronologisch zuvor zu nennenden Belege sind vermutlich P.Herm. 25, 5 (5. Jh. n. Chr.; Theben) und Pap.Agon. 3, 3, 10 (26.07. 288 n. Chr; Oxyrhynchos).
Vgl. die Ergänzung bzw. Aktualisierung Irene Cervenka-Ehrenstrassers in CPR XIX 39, S. 86 zu Preisigkes Wörterbuch s. v. φιλανθρώπον. Wie die Prüfung der Belege sowie die Sichtung der Literatur bzw. der Kommentare gezeigt hat, muss diese Darstellung, die drei Bedeutungen für φιλανθρώπον annimmt (und die hier übernommen worden sind), um zwei weitere Bedeutungen ('Verwaltungsgebühr', 'Zinsen') ergänzt werden. Explizit im Sinne eines – möglicherweise obligatorischen – materiellen 'Bonus' oder einer 'Sonderzahlung' erscheint φιλάνθρωπον in byzantinischer Zeit auf einigen Ostraka aus der Oasis Megale, vgl. O.Douch III 318, 3; O.Douch III 319, 3, 9 (beide 4.-Anfang 5. Jh. n. Chr.; Kysis); O.Waqfa 57, 4; O.Waqfa 62, 6 (beide 2. Hälfte 4. Jh. n. Chr.; Ain Waqfa). In dieser (euphemistisch-verschleiernden) Bedeutung gebraucht rückt das Wort in die semantische Nähe zu Ausdrücken wie ἐξαίρετον, θαλλός, μισθωτικόν, σπονδή und συνήθεια, wie Hélène Cuvigny mir in einem kurzen Austausch mitteilt; dafür möchte ich ihr an dieser Stelle danken. Vgl. dazu auch unten, Bedeutung V.
CPR XIX 39, Komm. zu Z. 13, S. 85-86, bes. 86. Stern, M., Einblicke in die ptolemäische Verwaltungspraxis. Nochmals BGU VI 1242 und BGU VI 1311, APF 59/1, 2013, 62-94, hier: Komm. zu Z. 6-7, S. 90. Haentjens, M., Die Sonderabgaben in den Pachturkunden aus dem römischen Ägypten, Tyche 16, 2001, 27-44, hier: 30-31. Pap.Agon. 1, Komm. zu Z. 2, S. 28. P.Wisc. I 3, Komm. zu Z. 9, S. 11 (zu φιλανθρωπία). Bell, H. I., Philanthropia in the Papyri of the Roman Period, in: Hommages à Joseph Bidez et à Franz Cumont, Bruxelles 1949, 31-37.
regelmäßige Zuwendung an Priester
Englisch
regular payment to priests
Französisch
donation régulière à prêtes
Italienisch
assegno regulare agli sacerdotes
Spanisch
donación regular a los sacerdotes
Sachgruppe
Heidnischer Kultus, Priester und Tempel, Rechtsbeziehungen zwischen Privatpersonen, Obligationenrecht, Pacht, Allgemeine Verwaltung, Eingaben an Behörden
CPR XIX 39, Komm. zu Z. 13, S. 85-86, bes. S. 86. CPR. XV 8, Komm. zu Z. 9, S. 33. Otto, W., Priester und Tempel im hellenistischen Ägypten. Ein Beitrag zur Kulturgeschichte des Hellenismus, 2 Bde., Rom 1971, II 25.
Zuwendung an Beamte, vermutlich eine Abgabe
Englisch
payment to officials, probably a tax
Französisch
donation pour fonctionnaires, probablement un impôt
Italienisch
assegno per funzionari, probabilmente una tassa
Spanisch
donación por funcionarios, probablemente un impuesto
Sachgruppe
Handel und Verkehr, Abrechnung, Allgemeine Verwaltung, Amtliche Abrechnungen, Listen, Verzeichnisse, Sonstiges zu Allgemeine Verwaltung, Steuerwesen, Steuerlisten, -verzeichnisse, Steuer- und Zollquittungen
Ein genaueres Verständnis über diese Zuwendung an Beamte scheint bisher noch ein Desiderat in der Forschung zu sein. In der Regel wird auf die ältere Literatur verwiesen. Anhand der aktuellen Beleglage wäre beispielsweise eingehender zu überprüfen, wie sich die hier dargestellten Bedeutungen III und IV zueinander verhalten; diesbezüglich möchte ich an dieser Stelle darauf hinweisen, dass die von mir vorgenommenen Zuordnungen hier und zu Bedeutung IV unsicher sind, vgl. z. B. die oben für die Formel λόγος φιλανθρώπου gegebenen Belege, wobei φιλάνθρωπον in SB XX 14674 von den Reeditoren Gascou und Worp i. S. v. 'Verwaltungs-, Sitologengebühr' (siehe unten zu Bedeutung IV) verstanden wird. Auch was φιλάνθρωπον in den teils fragmentarischen Belegstellen zur Formel ὑπὲρ φιλανθρώπου (siehe oben) zu bedeuten hat, ist mir noch nicht ganz ersichtlich.
CPR XIX 39, Komm. zu Z. 13, S. 85-86, bes. S. 86. Bell, H. I., Philanthropia in the Papyri of the Roman Period, in: Hommages à Joseph Bidez et à Franz Cumont, Bruxelles 1949, 31-37. Martin, V., Les épistratèges, Genève 1911, 144-145. Johnson, A. C., Roman Egypt, Baltimore 1936, 579. Wilcken, U., Griechische Ostraka aus Aegypten und Nubien, Leipzig und Berlin 1899, Bd. I 401-402.
Gascou, J., Worp, K. A., CPR VII 26: réédition, Tyche 3, 1988, 103-110, hier 104. P.Berl.Leihg. I, S. 293-4. Wallace, S. L., Taxation in Egypt from Augustus to Diocletian, Princeton, N. J. 1938, 41.
Darlehenszinsen
Englisch
loan interest
Französisch
intérêts du prêt
Italienisch
interessi di un prestito
Spanisch
los intereses de un empréstito
Sachgruppe
Handel und Verkehr, Abrechnung, Rechtsbeziehungen zwischen Privatpersonen, Obligationenrecht, Darlehen, Allgemeine Verwaltung, Amtliche Abrechnungen, Listen, Verzeichnisse, Sonstiges zu Allgemeine Verwaltung
Möglicherweise früher, jedoch nicht genauer zu datieren ist SB XVIII 13766, 28 (2.-3. Jh. n. Chr.; Herkunft unbekannt). Beachte weiterhin auch CPR XIX 39, 13 (28.09.-27.10. 542 oder 557 n. Chr.; Herakleopolis, vgl. dazu jedoch unten, "Erläuterungen"!), SB VIII 9772, 12 (6. Jh. n. Chr.; Arsinoites) sowie P.Tebt. II 253 (161/2 oder 164 n. Chr.; Tebtynis / Arsinoites), ediert von Gabriel Nocchi Macedo in BASP 49, Z. 5-6 (Link zum Text); vgl. dazu unten, "Erläuterungen".
Erläuterungen
Zum Gebrauch solcher verschleiernder Bezeichnungen für 'Zinsen' vgl. CPR XIX, Erläuterungen S. 84, Johnson/West a. a. O. sowie die Erläuterungen zu Bedeutung I. (oben).
Zu P.Fuad 54 (oben als frühester Beleg angegeben) und zu SB VIII 9772 (unter "weitere Belege") siehe CPR XIX 39, Komm. zu Z. 13, S. 85-86. Ähnlich wie in P.Fuad 54 ist auch in P.Stras. V 386 die Rede von κεφάλαιον (vgl. Z. 8-9), was nahelegt, φιλάνθρωπον (Z. 6, 9) hier ebenfalls i. S. v. 'Zinsen' zu verstehen. Ein vergleichbarer Hinweis ist womöglich in τῇ δανισ[ ̣ ̣ ̣ ̣]α (l. δανεισ[ ̣ ̣ ̣ ̣]α) (δραχμαὶ) λε (SB XVIII 13766, 27, vgl. 28) zu sehen (?). In CPR XIX 39 selbst bezeichnet φιλάνθρωπον vermutlich nicht den Darlehenszins, sondern das Darlehen, vgl. die Ausführungen dort auf S. 84.
Welche Bedeutung φιλάνθρωπον in P.Tebt. II 253, 5-6 (vgl. Nocchi Macedo a. a. O.) hat, lässt sich wohl nur erahnen; im Sinne der 'Zuwendung an einen Priester' dürfte es jedoch nicht zu verstehen sein, da die hier dokumentierten Zahlungen von einem Priester selbst stammen und sich wahrscheinlich nicht an einen Priester richten. Vermutlich dieselben Personen, die hier genannt werden – Πτολλάριων und Σαραπάμμων –, treten auch durch P.Mil.Vogl. IV 215 (02.03. 169 n. Chr.; Tebtynis / Arsinoites) in Erscheinung, vgl. Z. 6, 10, 12.
P.Gen. I2 12, Komm. zu Z. 15-16, S. 52-53. Nocchi Macedo, G., Payment of a Financial Obligation from Tebtynis, BASP 49, 2012, 63-72, Einl. S. 65 (Link zum Beitrag). CPR XIX 39, Erläuterungen S. 84 und Komm. zu Z. 13, S. 85-86. P.Köln VII, 322, Komm. zu Z. 12, S. 146. Johnson, A. C., West, L. C., Byzantine Egypt: Economic Studies, Princeton 1949, 169.
1. Liebesgabe (Steuerart). - WOstr. I 401. Otto, Priester II 25; 51. - Martin, Épistratèges 145: = ὑποκείμενον (s.d.). - 2. eine Einnahme der Priester. Otto, Priester I 3862; II 25. - 3. Amnestie, Steuererlaß, Straferlaß. - G.-H., Teb. I 5 Einl. S. 18; I 5, 3 Anm. S. 32. WOstr. I 401. Gerhard, Ein gräko-ägypt. Erbstreit (Sitzb. Ak. Heidelberg 1911 Abhandl. 8) S. 33. (Preisigke, Fachwörter, S. 178)